Lehrer und Schüler der Schilkseer Dorfschule 1905
Zur Geschichte Schilksees
1275 bis 1999

Kurzer Abriß der Schilkseer Geschichte
Die Chronisten Schilksees
Ein Buch über Schilksee
Links
   Strandhotel vor 1914
 
 

Als Bildbeispiele zur Schilkseer Geschichte hier ein paar Ansichten. Zunächst aus dem alten Bauerndorf Schilksee, von dem noch viel erhalten ist:
 

Dorfmitte, 30er Jahre


Leider ist der ehemalige Dorfkrug, zuletzt "Schilkseer Hof", nicht mehr erhalten. Hier ein Bild aus alten Zeiten:

Dorfkrug vor 1914

In der Villenkolonie, später Bad Schilksee, bauten sich ab 1905 viele Bürger aus Kiel, Hamburg oder anderen Städten Wochenendhäuser und Villen.
 

Bad Schilksee:  20er Jahre 

Geschichte Schilksees in den heutigen Grenzen
Von Thimmo de Skildekesse zum nördlichsten Stadtteil Kiels

Wie die vorgeschichtliche Besiedelung des Dänischen Wohldes so liegen auch die ersten Jahrhunderte der Schilkseer Geschichte weitgehend im Dunkeln. Nach den stein-, bronze- und eisenzeitlichen Sammlern und Jägern und wohl auch Fischern kommen die Siedler in unser Gebiet vor allem aus dem sächsischen Raum südlich der Elbe sowie von der Westküste Schleswig-Holsteins. Doch wer diese Siedler im einzelnen waren und wie sie vor rund 700 Jahren hier lebten, ist weitgehend unbekannt. Viel mehr als daß - laut Kieler Stadtbuch  für das Jahr 1274 - ein Thimmo de Skildekesse hier eine bedeutende Person war, ist nicht überliefert. Der Name Skildekesse taucht in anderen Formen als Schildsehe oder Schilkesehe immer wieder in Dokumenten auf. Doch bevor es zu einer eigenständigen Schilkseer Geschichte kommt, die auch diesen Namen verdient, schiebt sich am Ende des 16. Jahrhundert das neu gegründete Gut Seekamp in den Blickpunkt der Historie: Schilkseer Geschichte ist - kaum daß uns detaillierte Kirchenbuch- Eintragungen über seine Einwohner zur Verfügung stehen - nur wenig mehr als eine Randnotiz dessen, was auf Seekamp geschieht. Doch nur rund 200 Jahre hält sich die Seekamper Dominanz.  Mit dem Zerfall der Macht der Gutsbezirke, mit der Parzellierung der Güter, d.h. auch des Gutes Seekamp, treten die Dörfer - neben Schilksee im ehemaligen Gutsbezirk Seekamp noch Pries und Holtenau - stärker in den Vordergrund. Um Schilksee herum gruppieren sich zusätzlich zu den Halbhufen des Bauerndorfes die Parzellenhöfe, die durch Zergliederung des Gutslandes entstanden sind (Seekamp, Heisch, Kahlenberg und Scheidekoppel). Nach der  preußischen Annexion bekommt Schilksee Gemeindestatus und kurz nach der Jahrhundertwende entsteht Schilksee Bad als weiteres Zentrum neben dem Dorf selbst und Seekamp. Es folgt zwischen den Weltkriegen die Bildung  einer Großgemeinde, die schnell von der Nationalsozialistischen Verwaltung wieder zergliedert wird („Teile und herrsche!“ war wohl die Devise!), schließlich wird Schilksee Stadtteil Kiels. So veränderte sich Schilksee - vor allem in den letzten 200 Jahren - so erheblich und gleichermaßen was Grenzen und geschichtliche Bedeutung betrifft, daß stets geklärt werden muß, was unter Schilksee zu verstehen ist: das winzige Bauerndorf im Gutsbezirk, die aufstrebende Landgemeinde der preußischen Provinz, die Großgemeinde zwischen den Kriegen oder der heutige Stadtteil.

Im folgenden sollen die wesentlichen Phasen der Entwicklung des Gebietes in heutigen Schilkseer Grenzen über die Jahrhunderte erläutert werden.

I. Vorgeschichtliche Zeit
Wie schon angedeutet, gibt es wenig präzise Kenntnisse über die Zeit vor dem 13. Jahrhundert. Die wenigen Zeugen sind Artefakte, aus Stein- und Bronzezeit, seltener aus der Eisenzeit stammend, die schon im letzten Jahrhundert von den Bauern beim Pflügen gefunden wurden. Kistenweise haben die Wriedts und Oldes solche Zeugen vergangener Zeiten an die zuständigen Museen abgegeben, wo sie i.a. im Keller verstauben. Heute sitzt der Bauer auf dem Trecker und sieht nur selten, was seine mechanisierte Pflugschar dem Boden entreißt, um es gleich wieder unterzugraben. Nur nördlich des Gewerbegebietes deuten die vielen Steine, die der Boden immer wieder hergibt, darauf hin, daß hier noch viel steingewordene Frühgeschichte auf den Wissenschaftler wartet.

Im 20. Jahrhundert sind es eine Reihe private Sammler gewesen, die die Felder nach Steinbeilen, Messern, Scherben u.ä. absuchten. Die umfangreiche Sammlung Lau - nicht nur aus Schilkseer Stücken bestehend und wohldokumentiert - macht deutlich, daß es schon vor 1200 ein reges Kulturleben nördlich des NOK gegeben haben muß. Die Schriften von Karl-Heinz Lau nennen für Schilksee über 40 bedeutsame Funde aus vorgeschichtlicher Zeit. Besonders reiche Fundstellen sind die südlich des Fuhlensees und bei Seekamp (siehe Karte).

II. 1200 bis 1638
Im 13. Jahrhundert, so ist zu vermuten, beschränkte sich Schilksee sicher auf das, was - sich um die ehemalige Dorfstraße gruppierend - heute Alt-Schilksee oder Dorf Schilksee genannt wird. Früher bezeichnete man die Dorfanlage als wendischen Rundling, heute gilt allgemein die Auffassung, daß die Anlage als Straßendorf einzuordnen ist. Dieses Dorf wurde bewohnt von Menschen, die erst im Laufe von Jahrzehnten zu dem wurden, was man heute unter Landwirten versteht. Als Siedler aus den Gebieten südlich des heutigen Nordostseekanals kamen sie vermutlich schnell unter den Einfluß von adeligen Familien, die in  den ersten Jahrzehnten in burgähnlichen kleinen Häusern mit stark befestigtem Terrain wohnten, in Bülk oder Knoop genau wie später auf Seekamp. Diese Adeligen waren Ritter, dem Landesherren zu Kriegsdienst verpflichtet. Mit ihren Waffen und ihrer Kriegskunst stellten sie für die Bevölkerung der Dörfer einen erheblichen Schutz- und Sicherheitsfaktor dar, im Gegenzug dafür leisteten die Bauern dem Adel Dienste in der Landwirtschaft. Aus wahrscheinlich anfangs noch freien Bauern wurden sie im 16. Jahrhundert zu Leibeigenen, denen man zudem immer mehr Land wegnahm, und die man von Vollhufnern von ca. 41 Hektar zu Halbhufnern mit rund 20,5 Hektar Land machte. Diese Leibeigene waren schließlich nahezu vollständig abhängig vom Gutsherrn und dessen Gerichtsbarkeit (seit 1524), mußten außer für ihr Leben auch für das Gut arbeiten (Hand- und Spanndienste) und konnten nicht aufgrund eigener Entscheidung in ein anderes Dorf oder die Stadt umsiedeln, nicht einmal heiraten. Jeder Schilkseer Halbhufner hatte z.B. täglich einen Knecht, eine Magd und ein Gespann mit Wagen und Pflug an den Gutshof zu schicken, im Sommer bzw. zur Erntezeit noch mehr. Dafür war der Gutsherr umgekehrt auch verantwortlich für das Wohlergehen der ihm unterstehenden Leibeigenen. Wobei man das Recht auf Wohlergehen natürlich nicht mit den Maßstäben moderner Sozialgesetzgebung messen kann. Der für Schilksee zuständige Gutsherr war ab 1575 der Gutsherr auf Seekamp, vorher der Besitzer der Güter Bülk und Knoop. Über Seekamp erfahren wir im nächsten Kapitel mehr.

III. 1638 bis 1791
Mit der Gründung Seekamps und der Zuordnung Schilksees mit seiner kleinen Schar von überwiegend leibeigenen Halbhufnern und Kätnern zu dem neuen Gut änderte sich für unsere Vorfahren wenig. Man tat seine Pflicht, versuchte das eigene Stückchen Land, das eigene Vieh so gut wie möglich zu bestellen, dem Gutsherren gegenüber die immer größeren Pflichten zu erfüllen und  erduldete Kriege, Hungersnöte, Unbilden der Witterung und Krankheiten wie Pest und Cholera. Ab 1638 wissen wir allerdings genauer, wer hier lebte und arbeitete, und zwar über die Besitzverhältnisse auf dem Gut hinaus. Vom Jahre 1638 an liegen Kirchenbücher aus Dänischenhagen vor. Schilksee hat bis in unsere Zeiten keine eigenen Kirche gehabt und gehörte zum Kirchspiel des Nachbarortes. Die Kirche ist vermutlich eine Gründung noch aus Zeiten jüdischer Besiedelung. Hermann Baasch, Verwaltungsfachmann aus Kiel (1886 bis 1981), hat nach dem 2. Weltkrieg viel für die Regionalgeschichte des Dänischen Wohldes getan, eine seiner bedeutendsten Leistungen war es, die Dänischenhagener (sowie Krusendorfer und Friedrichsorter) Kirchenbücher auf Karteikarten (insgesamt rund 80 000 Karten!) zu übertragen (zu „verkarten“) - heute würde man wohl ein elektronisches Datenverwaltungsprogramm vorziehen.

Durch die Fleißarbeiten Hermann Baaschs wissen wir, wer wie lange welche Halbhufe bewirtschaftet hat und an wen später vererbt, nach 1791 verpachtet oder verkauft wurde. Laut Baasch lebten 1741 im Bauerndorf Schilksee 64 Leibeigene und 4 freie Menschen, bewirtschaftet wurden 6 Halbhufen und mehrere Katen. Nicht berücksichtigt ist das Gut, dessen Bezirk weit über die heutigen Grenzen Schilksees hinausging. Weitere interessante Informationen aus dieser Zeit finden sich bei Nicolaus Detlefsen:

"In Schilksee gab es 1575 fünf Hufner und einen Wurthseddel. 1631 fand Cai Ahlefeldt hier 2 Hufner und einen Kätner vor. Er besetzte 4 Hufen neu, so daß er 1632 an Christian IV. 6 Hufen und eine Kate übergeben konnte. 1723 und später waren in Schilksee 6 Halbhufner, die, wie sie in einer Beschwerde schreiben, 'von uhralters her volle Hufner gewesen seien ...' .

IV. 1791 bis 1876
Mit dem Abschaffen der Leibeigenschaft, die ja nicht nur Nachteile für den Untertanen, sondern auch unbestreitbare Vorteile gehabt hatte, kam für die Landbevölkerung der erste schwere Schritt ein neues Zeitalter. Man konnte vom Hof abwandern, verkaufen, verpachten, neue Felder hinzu kaufen oder pachten, man war allerdings plötzlich auch voll für sich selbst verantwortlich und spürte die Nachteile der Freiheit, wenn z. B. eine Krankheit den Ernährer der Familie arbeitslos machte.  Einzelne zogen in dieser Zeit fort von Schilksee und suchten ihr Glück woanders. Europa war im letzten Jahrhundert einwohnerreich (über 30 Millionen - rund ein Drittel der Weltbevölkerung), bot aber wenig Arbeit. Die Schilkseer blieben zum großen Teil ihrem Dorf treu. Aus den leibeigenen Halbhufnern wurden selbstbewußte Bauern auf eigenem Grund und Boden. Die neuen Parzellen des zerteilten Gutslandes, die nicht zum Bauerndorf Schilksee gehörten, lockten jedoch  aus den umliegenden Orten, aber auch von weiter weg kaufkräftige Interessenten an, die die hohe Qualität der hiesigen Böden schätzten. Ein tiefgreifender Strukturwandel setzte ein, der am besten in den Chroniken der einzelnen Halbhufen, vor allem aber anhand der Besitzverhältnisse auf den Parzellenhöfen studiert werden kann. Nicht sofort, aber doch Schritt für Schritt verloren die Gutsbezirke endgültig ihre Bedeutung, änderte sich das Leben der Menschen mehr und mehr.

V. 1876 bis 1927
Wie alle Schleswig-Holsteiner waren auch die Schilkseer und die Bewohner der umliegenden Parzellen des alten Seekamps nach dem Kriege 1864/67  ohne eigene Entscheidung und wohl meist gegen ihren Willen Preußen geworden („Muß-Preußen“). Wie wenig begeistert die Schleswig-Holsteiner waren zeigen die Wahlergebnisse aus der preußischen Anfangszeit. Bei den ersten Wahlen 1867 in Schleswig-Holstein gaben nur 30 000 Wähler den pro-preußischen Kandidaten ihre Stimme (bei 27 000 Stimmen für dänische Kandidaten), insgesamt waren knapp 100 000 Schleswig-Holsteiner wahlberechtigt. Man muß bedenken, daß Holstein seit langem Teil des alten deutschen Reiches gewesen war und später Mitglied des deutschen Bundes. Schleswig aber hatte nie zu einer entsprechenden politischen Gliederung mit dem Prädikat „deutsch“ gehört, auch wenn hier die Mehrheit im 19. Jahrhundert immerhin plattdeutsch, im Norden allerdings dänisch, im Nordwesten friesisch sprach  Interessant sind in diesem Zusammenhang  Berichte wie der folgende aus den Lebenserinnerungen des Bildhauers Adolf Brütt über den Besuch Kaiser Wilhelms des Ersten 1868 in Kiel:

"Seine Fahrt vom Bahnhof durch die Holstenstraße nach dem Schloß, die mit seinem Gefolge eine längere Wagenkette darstellte, geschah bei völliger Stille. Weder Menschen noch Fahnen waren sichtbar. Wir haßten die verdammten Preußen natürlich von Herzen ... ."

Dies hat Brütt - bei Hans Olde d.Ä. häufiger Gast auf Seekamp - aber später nicht davon abgehalten, fleißig für die Preußen zu arbeiten: das Wilhelm-I-Denkmal im Kieler Schloßgarten ist ausgerechnet von ihm!

Über Detlev von Liliencron ist bekannt, daß er in seiner Jugendzeit wegen seiner preußischen Abstammung regelmäßig verprügelt wurde. Sicher wollten die Schleswig-Holsteiner überwiegend nicht unter dänischer Oberhoheit bleiben, aber genausowenig preußische Provinzler werden. Der - vor allem in Kiel und Umgebung - zahlenmäßig umfangreiche Zuzug nicht-schleswig-holsteinischer Bevölkerungsgruppen, die Vertreibung vieler politisch unbequemer Patrioten aus dem Lande, die Modernisierung der Verwaltung und der allgemeine Aufschwung im Zuge der Reichsgründung 1871 bewirkten ein langsames Umdenken der Bevölkerung im Lande. Die Stadt Kiel rückte durch explosionsartiges Wachstum, durch Ausbau von Kanal und Marinehafen bis an den Dänischen Wohld heran und beeinflußte auch Gemeinden wie Schilksee, wo 1898 eine Schule gegründet wurde, der erste Dorfkrug und ein Hökerladen entstanden und die Marine mit Hafenanlagen und Torpedowerkstatt um die Jahrhundertwende Einzug hielt. Auch wenn die Kaiserzeit nur eine vorübergehende und sehr vordergründige Blütezeit  war, fühlten sich bis zur Jahrhundertwende immer mehr Schleswig-Holsteiner und vor allem Kieler bestärkt, mit der preußischen Annexion Frieden zu schließen, einen Frieden, der allerdings tiefgreifend nur bestimmte Bevölkerungsgruppen erreichte, in einen verheerenden Krieg mündete und gerade einmal rund 40 Jahre bis November 1918 hielt, als die Matrosen und Arbeiter in Kiel mit der schnell aufs Reich übergreifenden Revolution dem preußisch-deutschen Kaiserreich ein frühes Ende bereiteten.

Hatte sich die Schleswig-Holsteinische Erhebung von 1848 mit einer immerhin kurze Zeit in Kraft befindlichen demokratischen Verfassung letztlich nicht durchgesetzt, so profitierten nach 1867  auch kleine Dörfer wie Schilksee von den neuen Herren. 1876 wurde der Gutsbezirk Seekamp aufgeteilt und verlor seine Funktion fast endgültig. Schilksee wurde Landgemeinde nach preußischem Muster, wenn auch eine Gemeinde ohne Schule, ohne Gastwirtschaft und ohne Kirche. Wichtig ist aber vor allem folgendes: nachdem bisher Schilksee Teil Seekamps war, wurde der Parzellenhof Seekamp  nunmehr Teil von Schilksee, seine noch heute weitgehend gültigen Grenzen haben ihren Ursprung in dieser Zeit. Vorsteher des neuen Gemeinwesens wurde kein alter Schilkseer aus dem Bauerndorf, sondern Martin  Martensen von Hof Heisch. Neuer Wind wehte im verschlafenen und in den Augen mancher leicht verschlampten ehemaligen Doppel-Herzogtum Schleswig-Holstein, nunmehr zur preußischen Provinz herabgestuft. Vor allem wurde die Gegend neu vermessen und kartographisch erfaßt, wobei viele alte Namen verschwanden und neue Namen gebildet wurden. Die den meisten Einwohnern verhaßten preußischen Beamten kamen überwiegend aus weit entfernten Gegenden Preußens, während die einheimische Führungselite aus Schleswig-Holstein wegversetzt worden war. Außerdem sprachen die neuen Beamten in der Regel nur hochdeutsch, die Bevölkerung in der überwiegenden Mehrheit ausschließlich  pattdeutsch oder dänisch. Vielleicht war auch mancher Scherzbold unter der von Landvermessern befragten und genervten Landbevölkerung und seine Scherze finden sich noch heute auf offiziellen Karten - wer weiß? Der von vielen alten Schilkseern kritisierte Name „Grüner Berg“ statt „Kronsberg“ ist wohl in dieser Zeit entstanden. Von Altenholz-Klausdorf sind Fälle von absichtlicher Desinformationen gegenüber preußischen Beamten überliefert, wahrscheinlich war dies auch in Schilksee nicht anders. Immerhin verdanken wir diesen Beamten allerdings eine weitere, nunmehr sehr präzise Karte Schilksees.

Statt der bewährten alten schleswigschen Verwaltungsbezirke, der Harden, wurden Kreise gegründet, für die polizeiliche Hoheit Amtsbezirke gebildet, Schilksee wurde dem Amtsbezirk Eckhof zugeschlagen. Wie auch immer: die preußische Zeit brachte für viele in Kiel und Umgebung nicht nur unangenehme Veränderungen, sondern auf die Dauer versöhnenden wirtschaftlichen und politischen Aufschwung. Geld kam in die nahe Stadt und viele Kieler, aber auch Bürger anderer Städte, legten es in einem Sommerhaus an der Schilkseer Steilküste an. Eine Villenkolonie gleich nach der Jahrhundertwende entstand als neuer Teil Schilksees neben dem Bauerndorf und den Parzellenhöfen. Damit verschoben sich die Schwerpunkte erheblich. Schilksee wurde innerhalb weniger Jahre zum Badeort. Nicht mondän wie Travemünde, nicht so außergewöhnlich wie Westerland, doch immerhin. Die Vielzahl der Postkarten aus der Zeit noch vor dem 1. Weltkrieg und ihre Motive sprechen eine deutliche Sprache. Schon griff die aufstrebende Stadt Kiel nach Norden, immerhin war Schilksee das einzige Fördebad mit Möglichkeit zum Brandungsbaden - bei Ostwind natürlich.

VI. 1928 bis 1934
Kaum, daß erste Eingemeindungsversuche Kiel erfolgreich abgewehrt waren, brachte das Jahr 1928 eine Gemeindereform, die uns heute eher exotisch vorkommt. Schilksee wurde aufgrund eines preußischen Gesetzes von 27. Dezember 1927 zusammen mit der späteren Gemeinde Strande, und Dänischenhagen zu einer Großgemeinde, die weit über die alten (und heutigen Grenzen)  Schilksees hinausging. Diese kommunale Neugliederung, die möglicherweise die Chance eines kraftvollen Gemeinwesens im nördlichen Kieler Umland in sich trug, fand nicht überall Gefallen. Bevor sich das neue Gebilde allerdings überhaupt bewähren konnte, waren die politischen Verhältnisse in Deutschland wie auch in Schleswig-Holstein andere geworden. Die braunen Horden zogen durch die nördlichen Stadtteile Kiels und bemächtigten sich natürlich auch des Umlandes. Ohne große Formalitäten, wie sie in einem Rechtsstaat nötig gewesen wären, wurde die Großgemeinde Schilksee sang- und klanglos wieder aufgelöst. Bezeichnend für den tiefgreifenden Wechsel der politischen Kultur von 1928 bis 1934 war die Qualität der Verwaltungsakte: Ein vom frei gewählten Parlament beschlossenes Gesetz bestimmte die Bildung der Großgemeinde Schilksee, ihre Zergliederung beschlossen ein Minister und Verwaltungsbeamte (eine unabhängige Legislative gab es ja nicht mehr):

„Mit Wirkung vom 1. Dezember 1934 werden aus der Gemeinde Schilksee, Kreis Eckernförde, drei Einzelgemeinden ... gebildet.“
(Beschluß des preußischen Innenministers vom 26. September 1934)

 Die immer wieder geäußerte Behauptung, die Zergliederung wäre aufgrund demokratischer Entscheidungen der Bürger zustande gekommen, ignoriert natürlich, daß Ende 1934 von  Demokratie und Entscheidungen des Volkes schon lange nicht mehr die Rede sein konnte, die totale Machtergreifung durch die Nazis weitgehend abgeschlossen war. Ein in diesem Zusammenhang geschlossener Vertrag, formuliert durch den zuständigen preußischen Landrat (welcher Partei er angehörte oder nahe stand, muß nicht extra festgestellt werden) ,  beginnt mit dem Wortlaut: „Hierdurch beschließe ich ... „ . Da lesen sich die Verträge zur Eingemeindung Schilksees 1959 ganz anders. Deutlicher konnte 1934 den Schilkseern und anderen nicht gezeigt werden, wie ernst die neuen Machthaber Recht, Gesetz  und den Willen des Volkes nahmen. Doch viele wollten es nicht sehen, bis es dann zu spät war.

VII. 1934 bis 1959
Dennoch ist es wohl - abgesehen einmal natürlich von den Kriegsjahren, die viel Leid auch nach Schilksee brachten - für viele hier die schönste Zeit in Schilksee gewesen. Die wirtschaftliche Lage konsolidierte sich im Laufe  der 30er Jahre, wenn auch wiederum als Scheinblüte. Aber wer erkannte das damals schon! Noch florierte die seit der Jahrhundertwende besonders prosperierende Landwirtschaft im gewohnten Stil, man feierte Kinder- und andere Feste und das Strandleben war von bemerkenswerter Lebendigkeit. Von den olympischen Segelwettbewerben 1936 fiel ein kleiner Abglanz auch auf Schilksee. Daß in der Verwaltung Wechsel eintraten, weil der eine oder andere den braunen Herren nicht genehm war, wie z.B. Amtsvorsteher Hermann Dieckmann, Bauer in Dorf Schilksee, wurde von vielen einfach als gegeben hingenommen. Schlimmer war, daß der Krieg und schon die Vorbereitungen dafür vielen Männern aus Schilksee nicht nur langjährige Abwesenheit von der Familie brachte, sondern viele nie wieder zurückkehrten. Diesmal war die Zahl der Vermißtern und Gefallenen zu groß, um sie wiederum - wie nach 1918  - namentlich einzeln auf einem Gedenkstein aufzuführen. Während die einzelne Schilkseer Familie der Verlust des Ehemanns, des Vaters oder Bruders, nicht selten des einzigen Ernährers bedrückte und belastete, das Lebensglück zerstört wurde, bildeten Gebäudeverluste immerhin die Ausnahme.

Doch wurden sehr schnell zwei Probleme zu den zentralen Schwierigkeiten der Gemeinde nach dem Kriege 1939/45. Zum ersten: über die Ostsee und auf dem Landwege kamen Millionen von Flüchtlingen und Vertriebenen nach Schleswig-Holstein, Hunderttausende auch in den Dänischen Wohld. Die Menschen, die blieben und die überwiegend in alten Baracken der Wehrmacht untergebracht werden mußten, verdreifachten die Einwohnerzahl Schilksees und stellten eine erhebliche Belastung für die kleine Gemeinde dar. Zum zweiten: die Küstenschutzprobleme. Der Hafen war in desolatem Zustand, die Dampferbrücke zerstört, der Strand drohte weggespült zu werden, die Steilküste immer weiter abzubrechen. Die Versuche der Gemeinde, den Problemen Herr zu werden, erscheinen beim genauen Hinsehen zum Teil rührend. Die Lösung lag letztlich in der 1927 abgewendeten Eingemeindung. Die Stadt Kiel war bereits seit den 20er Jahren quasi Schilkseer „Bürgerin“ als Besitzer Seekamps und des Küstenstreifens südlich der späteren Funkstelle. Viele Kieler hatten Sommerhäuser hier, der Schilkseer Strand war Erholungsziel vieler Familien aus der Stadt und die Stadt Kiel suchte Platz für einen neuen Segelhafen. So paßte das eine zum anderen. Flüchtlingsproblem und Küstenschutz hätten jedes für sich ausgereicht, um eine Gemeinde wie Schilksee restlos zu überfordern. Beides zusammen ließ die Schilkseer und ihre Gemeindevertretung resignieren, so daß auch der Kreistag in Eckernförde seine Zustimmung nicht versagte.

Gemeindevorsteher/Bürgermeister in Schilksee, Stellvertreter in Klammern

1876 bis 1897 Heinrich Martensen Hof Heisch
1897 bis 1911 Friedrich Schütt (Friedrich Gotsch) Scheidekoppel (Halbhufe II)
1911 bis 1919 Hermann Dieckmann Halbhufe
1919 bis 1928  Wilhelm Langfeldt (Hermann Holst) Bad Schilksee
1928 bis 1934
(Großgemeinde) Richard Meyer (Wilhelm Langfeldt) Dänischenhagen (Bad Schilksee)
1934 bis 1945 August Lütt
1946 bis 1948 Wilhelm Langfeldt Bad Schilksee
1949 bis 1953 Emil Barz
1954 bis 1959 Johannes Marten (Paula von Essen) Bad Schilksee

Ein richtiges Rathaus gab es in Schilksee nie. Die Bürgermeisterbüros waren zunächst dort, wo der Bürgermeister wohnte und in seinem Beruf arbeitete (Hof Dieckmann, Bäckerei Langfeldt). Im Krieg wurde eine Baracke neben dem Haus Schilkseer Straße 171 als Gemeindebüro eingerichtet, 1949 zog das Büro mit Meldestelle usw. in das Altenteilerhaus der Halbhufe Kähler (heute Schilkseer Straße 156) um. 1968 wurde im Neubau Langenfelde neben Postamt und Sparkassennebenstelle auch eine Verwaltungsstelle der Stadt Kiel eingerichtet. Im Spätsommer 1995 zog diese Verwaltungsstelle in die ehemaligen Räume der Post, die für die neue Verwendung vollständig renoviert wurden.  Im Frühjahr 1999 - fast auf den Tag exakt 40 Jahre nach der Eingemeindung - beschloß die Ratsversammlung, diese Verwaltungsstelle aufzuheben.

Amtsvorsteher bzw. stellvertretende Amtsvorsteher des jeweiligen Amtes, zu dem Schilksee gehörte, waren folgende Schilkseer Bürger:

1891 bis 1896        Johann Wilhelm Olde, Seekamp          (stv. Amtsvorsteher)
1897 bis 1918        Heinrich Martensen, Heisch                (Amtsvorsteher)
1918 bis 1933        Hermann Dieckmann, Dorf Schilksee  (Amtsvorsteher)

Die Angaben sind - leider - unvollständig und z. T. ungenau, insbesondere, was die Zahlen betrifft.

VIII. 1959 bis 1972
Am 1.4.1959 war es soweit: Schilksee wurde der 24. Stadtteil der Landeshauptstadt, die Gemeindevertretung wurde Ortsbeirat, dessen Sitzungen seit langem öffentlich sind. Die 60er Jahre bildeten für Schilksee den Anfang eines Aufschwunges, der den Boom der Zeit zwischen den Weltkriegen, als Schilksee sich zu einem beliebten und florierenden Seebad entwickelte, weit in den Schatten stellte. In den Schatten geriet allerdings schnell auch das alte Schilksee: das Dorf, die Parzellenhöfe, das ehemalige Gut Seekamp. Spätestens 1972 war Schilksee für viele nur noch Segelhafen, Strand und Neubaugebiet. Das war kein Wunder: Die Einwohnerzahl schoß in die Höhe, eine geradezu amerikanische Entwicklung, ähnlich der der Stadt Kiel um die Jahrhundertwende. Die Landwirtschaft verschwand Schritt für Schritt zugunsten von Bauland aus dem Bauerndorf. Im letzten Jahrhundert waren zwei der 7 Bauernstellen im Dorf aufgegeben worden. Ende der zwanziger Jahre gab der nächste Bauer auf und 1957 nach dem Tode Hermann Dieckmanns, der keinen männlichen Erben hatte,  blieben noch drei Bauernstellen, die wenige Jahre nach der Eingemeindung verkauften bzw. ihr Land verpachteten. Auch die Seekamper Landwirtschaft, die schon lange nicht mehr das war, was sie einst auszeichnete. Immer mehr Seekamper Land wurde im Ausgleich für Bauland an andere Höfe in Schilksee abgegeben, Hof Seekamp schrumpfte dahin, und 1972 wurde auch hier die Landwirtschaft eingestellt. Von den drei anderen Parzellenhöfen blieben nach dem Verkauf Kahlenbergs 1977 an die Stadt nur noch Scheidekoppel und Heisch, wo bis heute unter gewandelten Bedingungen weiter erfolgreich Landwirtschaft betrieben wird. In den 60er Jahren sind viele alte Schilkseer Gebäude, vor allem im Dorf, verschwunden und zum Teil durch - nicht immer schöne - Neubauten ersetzt worden. Viele Gebäude - insbesondere in Bad Schilksee - haben seitdem ihr ursprüngliches Gesicht verloren und nur Experten wissen noch, was sich hinter manchen neuer Fassade verbirgt. Das ursprünglich an Gewerbe mit Ausnahme der Landwirtschaft arme Schilksee erhielt ein Gewerbegebiet im Süden Scheidekoppels, Handwerk und Einzelhandel zogen in großem Maßstab  ein, die Zahl der Gaststätten vermehrte sich erheblich, wenn es auch hier mehrere traditionelle Betriebe „erwischte“. Immerhin blieb viel Altes erhalten, mehr vielleicht als anderswo.

IX. 1972 bis heute
Wer meinte, daß nach den olympischen Wettbewerben nun Ruhe in Schilksee einziehen würde, sah sich getäuscht. Mit dem Bauvorhaben Schilksee-Süd - in Schilksees Mitte gelegen - ging die Bautätigkeit erst richtig los. Als das meiste fertig war, gab es viele negative Stimmen, allerdings auch viel Lob vor allem von professioneller Seite. Es allen recht zu machen, ist eine schwere Kunst. Das bewahrheitete sich auch hier wieder. Insgesamt ist die Anlage nördlich des Windjammers wohl als gelungen zu bezeichnen, in einigen Bereichen konnten sogar architektonische Glanzleistungen realisiert werden, langweilig geworden ist das sogenannte Schilksee-Süd jedenfalls nicht. Eine moderne, abwechslungsreiche und in keine Norm passende Neubausiedlung mit dem Vorteil, von der Mietwohnung im vierten Stock bis zum alternativen Einfamilienhaus (fast) für jeden Geschmack etwas zu bieten. Aber auch in anderen Ecken Schilksees hat sich in den Jahren nach 1972 vieles verändert, selbst am Olympiazentrum, seinem Vorfeld und Hafen. Für die meisten, vom Verfall bedrohten Seekamper Gebäude schien eine sinnvolle Verwendung immer unvorstellbarer, und im Bereich der Kurallee und Strandpromenade wurde zwar vieles nicht abgerissen, aber doch so „erhalten“, daß von Altem nichts mehr zu sehen war. Am bemerkenswertesten erscheint aber für die 70er und 80er Jahre der Übergang Schilksees zur Normalität, und erst die 90er brachten wieder etwas Bewegung in Schilksees Geschichte.

Am bedeutsamsten für diese Jahre ist zunächst einmal  Seekamps (Auf-)Erstehung als Kulturzentrum („Hans-Kock-Stiftung“) und die umfangreiche Neubebauung der Wiese an der Schilkseer Straße nördlich des Salzwiesenweges mit zwei neuen Straßen („Kohkoppel“ und Schaapkoppel“). Das Dorf verlor damit seine noch sehr dörflich wirkende Wiese der ehemaligen Halbhufe Will und bekam dafür ein Gebiet mit Ein- und Zweifamilienhäusern in rotem Backstein. Es hätte schlimmer kommen können. Immerhin wurde im Zuge der Maßnahme die Schilkseer Au wieder „ausgegraben“, ein Stück jedenfalls, allerdings mit vielen Fragezeichen, was den dauerhaften Erfolg der Maßnahme betrifft.

Von vielen unbemerkt, änderte sich im Jahr 1994 etwas in Kiel, das auch für Schilksee eine interessante Konsequenz hat: die Stadtteile wurden neu gegliedert. Der bisherige Stadtteil Nr. 24 (Schilksee) wird - ohne sonstige Veränderung - der neue Stadtteil 1 der Stadt Kiel. Außerdem - nunmehr ganz offen - versuchen Kommunalpolitiker und Geschäftsleute aus Pries/Friedrichsort - ungerechtfertigten Anspruch auf das „echte“ Schilksee-Süd anzumelden: das Gewerbegebiet Koppelberg/Redderkoppel.

Der Blick zurück und nach vorn
"Vielleicht wäre es besser gewesen, unabhängige Gemeinde zu bleiben?!" meinte vor einiger Zeit eine Schilkseerin, die schon hier zur Schule gegangen ist. Eine müßige Frage, sicher. Aber es ist zweifellos gut, einmal zu überdenken, was seit 1959 und auch vorher schon falsch gemacht wurde, was man hätte besser machen können, was - und die Frage ist eigentlich die einzig wesentliche - man heute korrigieren und verändern kann. Auf jeden Fall ist Schilksee der etwas andere und für viele besondere Stadtteil geblieben, der viel von seinem ursprünglichen Charakter bewahrt hat.


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Aktuelle Informationen über den Sport in Schilksee findet man unter

                                                   Homepage des TSV Schilksee von 1947 e.V.

Schilksee-Archiv (Alles über Schilkseer Geschichte):

                                                             www.schilksee-info.de/

Über Kiel und die Kieler Stadtteile:

                                                             www.kiel-stadtteile.de

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Hannelore Pieper-Wöhlk, Dr. Dieter Wöhlk, 3/2001
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